27. Weimarer Schultheatertage

Laudatio “ Das Schulmädchen, der Schlaf und die Rosen“ von Louisa Grote
»Das Mädchen, der Schlaf und die Rosen« frei nach Dornröschen
Produktion des DG-Kurses Klasse 9 des Goethegymnasiums Weimar
Leitung: Henriette Isstas und Johanna Troesch

20 junge Frauen stehen gemeinsam kraftvoll auf einer Bühne. 20 Dornröschen? Nein, erst einmal 20 Königinnen, die ein Kind bekommen sollen. Noch dazu nicht schwer heben, Freundschaft pflegen, Karriere machen und sich Zeit nehmen. Das spricht nicht nur schwangere Königinnen an, sondern alle, die sich hier zeigen. Rhythmisch marschierend und gestikulierend erfüllen sie Erwartungen bis zum Umfallen. Als Gruppenkörper gebären die Spielerinnen das Dornröschen und geben ihr als gute Feen etwas fürs Leben mit, das jedes Mädchen (heute) brauchen kann. Halt die Demoplakate hoch, Röschen! Die Antagonistenfee wünscht dem Kind Schwäche statt Stärke, will ihr den Glauben daran nehmen, dass sie alles sein und schaffen kann – und erntet dafür ein saftiges »verpiss dich«. Denn bei den Spielerinnen des DG-Kurses Klasse 9 vom Goethegymnasium hat sie nichts zu suchen!

Deren Dornröschen wächst heran, meistert ihren ersten Schultag, wehrt sich gegen Sexismus und lässt sich das erste Mal zum Alkoholgenuss verführen. Die Märchenheldin bewältigt Schwellen eines heutigen Mädchens, die die Spielerinnen auch bewältigen mussten oder müssen. Auf einer exzessiven Party taucht die böse Fee doch wieder auf und überreicht Dornröschen eine Rose, woraufhin diese auf der szenisch immer wieder genutzten Matratze, die das Schlafmotiv allgegenwärtig macht, einschlummert. Alle anderen Partybesucherinnen nicken ebenfalls ein – und verzaubern uns mit geschlossenen Augen und gemeinsam gesteigertem Summen. In dieser Position verharrend beantworten sie die Fragen, wovon ein Mädchen heute träumt und wovon es nach hundert Jahren geweckt wird. Da sind Baustellen, Wecker und Kuchenduft im Spiel. »Und wo bleibt der Kuss?«, fragt das erwachende Dornröschen ganz verdattert. Und lässt uns damit zurück, denn es ist ein nur ein Probenstand – oder vielmehr der Anfang einer vielversprechenden Bearbeitung eines klassischen Märchens – den wir hier bekommen und es kaum erwarten können, die Reise der 20 jungen Frauen weiter zu verfolgen! In der Hoffnung, dass der Kuss auch weiterhin nicht das einzige ist, wonach sich ein Dornröschen sehnt. 

Der Preis für das Stück mit der berührendsten Interpretation von ABBAs Slipping through my fingers und dem stärksten »Ey-Moment« der 27. Weimarer Schultheatertage geht an den DG-Kurs Klasse 9 unter der Leitung von Henriette Isstas und Johanna Troesch.

Herzlichen Glückwunsch zur Teilnahme an den 27. Weimarer Schultheatertagen!